7 Fragen an Sophia Klampfleuthner von der Inseltöpferei am Chiemsee

von Laurie Hilbig18.9.2024
Laurie liebt es, in der Natur zu sein. Ob Wanderung oder Yoga-Einheit – Hauptsache durchatmen und das „Draußen“ genießen.

Leben auf einer Insel, die Berge am Horizont, kleine Wellen, die rauschend ans Ufer rollen: Diesen Traum lebt Sophia Klampfleuthner. Ihrer Familie gehört die Inseltöpferei auf der Fraueninsel im Chiemsee.

„Da oben in dem Apartment wohne ich“, sagt Sophia und deutet auf ein Haus, das hinter der Töpferei ihrer Familie liegt. Zwei Nachbarskinder springen lachend ins Wasser, während sie ihr Boot am Steg festbindet. Wenn man auf der Fraueninsel wohnt, hat man selbstverständlich ein eigenes. Der Weg über das Wasser ist die einzige Möglichkeit hinüber aufs Festland zu kommen, es gibt keine Brücke oder ähnliches. Im Sommer ist die sonst so ruhige Fraueninsel von Touristen gut besucht – und damit natürlich auch die Inseltöpferei. Einige Touristen sind bereits morgens um 10 Uhr da. Im Garten steht eine Auswahl der getöpferten Werke und so erleben die Gäste, wie Ton und grüne Natur einfach zusammengehören. Im Laden selbst kann man erleben, wie Tassen und Schalen hergestellt werden, denn die Werkstatt liegt im selben Raum. Wieso Sophia nach ihrem Studium zurück nach Hause gekehrt ist und was sie an ihrem Beruf fasziniert, erzählt sie uns hier …

01

Liebe Sophia, du hast bereits in Hamburg und Washington D.C. gewohnt. Was hat dich dazu bewegt, wieder heimzukehren und in der Töpferei mitzuarbeiten?

Genau, ich war eine Weile weg von zuhause – meine Schwester und ich sind ja beide auf der Fraueninsel aufgewachsen. Erst war ich fürs Studium in Regensburg, danach in Hamburg, für meinen Master. Zwischenzeitlich war ich für ein Auslandssemester sogar in Washington D.C.

Ich erinnere mich an den einen Anruf meines Vaters, der erzählte, dass er so ganz allmählich auch mal über Rente nachdenken würde.

Früher habe ich mich nicht in der Töpferei arbeiten sehen, ich habe mich als Kind sogar eher davon distanziert. Denn ich wurde immer schnell als „die große Künstlerin“ bezeichnet, wenn ich etwas Kreatives gemacht habe. Aber nun, Jahre später, als dieser Anruf kam, habe ich dann doch darüber nachgedacht und entschieden, das Töpfern einfach mal auszuprobieren.

Als ich dann aus Hamburg hier ankam, war der Kontrast für mich recht groß. Es war am Ende der Corona-Phase und zu der Zeit sind nicht mal die Schiffe gefahren. Das war somit sehr ruhig hier.

Mittlerweile bin ich am Beginn meines zweiten Lehrjahres – es macht mir großen Spaß! Natürlich hat auch der enge Bezug zu meiner Familie, mein Heimatgefühl und der Zusammenhalt unter den Nachbarn meine Rückkehr beeinflusst. Auch meine Schwester plant, wieder zurück ins Chiemgau zu kommen. Aktuell wohnt sie mit ihrer Familie in den USA.

02

Wie fühlt sich bisher die Entscheidung an, in dem Betrieb der Familie eingestiegen zu sein?

Auf jeden Fall die richtige Entscheidung. Ich arbeite sehr gern in der Töpferei. Mein Vater und ich sind in Vollzeit dort, meine Tante in Teilzeit und dann haben wir noch zwei weitere Mitarbeiterinnen, die ab und zu da sind. Mein Vater und ich verstehen uns richtig gut. Ich sehe es als Privileg, mit meiner Familie arbeiten zu können. Manchmal fahren wir sogar noch zusammen in den Urlaub – wir haben also ein enges Verhältnis.

Als Mitarbeiterin, die den Betrieb planmäßig in der Zukunft übernehmen wird, habe ich auch einen starken Anspruch an meine Arbeit.

Dennoch möchte ich mich zukünftig auch für mehr Work-Life-Balance einsetzen. Denn aktuell arbeiten wir während der Saison sieben Tage die Woche. Vielleicht kann man Aufgaben mehr aufteilen und auflockern. In einem Handwerksbetrieb nicht so leicht umzusetzen.

03

Eine Töpferei auf der Fraueninsel – wieso wurde diese im Jahr 1723 genau dort gegründet?

Also erstmalig schriftlich erwähnt wurde die Töpferei sogar im Jahr 1609, im Tagebuch der Äbtissin des Klosters auf der Fraueninsel. Also muss es die Töpferei auch schon vor 1723 gegeben haben. 1723 hatte der damalige Töpfer aber keine männlichen Nachkommen und die Klampfleuthners aus der Steiermark wurden einberufen. So wurde der Grundstein in unserer Familie gelegt. Und wieso auf der Insel: Das Kloster hat sich all die Betriebe, die zum alltäglichen Leben wichtig waren, auf die Insel geholt. Also auch einen Metzger, einen Bäcker… und eben auch einen Töpfer oder auch Hafner genannt. Die alten Häuser tragen heute immer noch ihren damaligen Namen und mein Vater wird von Einheimischen auch „der Hafner“ genannt. Also der, der die Haferl macht.

04

Was fasziniert dich und deine Familie besonders an dem Material Ton und am Handwerk der Töpferei?

Mein Vater macht das schon viele Jahre. Wenn ihm etwas besonders gut gelingt, ist es damals wie heute: Er freut sich wie ein kleiner Junge und ruft „Oh schau mal, wie schön das geworden ist!“ Das finde ich sehr bewundernswert. Ich selbst finde es toll, wenn ich etwas Bedeutsames für jemanden machen kann. Wenn jemand sagt „Die Tassen kaufe ich jetzt, weil meine Schwester sich in das Design verliebt hat“ – so etwas motiviert mich sehr.

Das Material Ton finde ich toll, weil es flexibel und unglaublich vielseitig ist. Und auch sehr störrisch sein kann. Man muss schon viel Kraft und Technik anwenden, um ihm gerecht zu werden. Aber wenn man weiß, wie man ihn behandeln muss, wird er butterweich.

05

Was kann man bei euch in Auftrag geben und welche Rolle spielt traditionelles Handwerk?

Wir töpfern klassische Gebrauchsgegenstände wie Schalen, Tassen oder Sets und zudem fertigen wir auch Baukeramik – in Form von Kachelöfen. Diese Kombination ist recht ungewöhnlich. Meist gibt es den einen oder den anderen Fokus.

Grundsätzlich kann man bei uns sehr gern individuelle Wünsche abgeben. Wir bieten Keramik im traditionellen und modernen Stil an. Mein Vater und ich haben auch ein ähnliches Verständnis von Ästhetik, das macht es etwas einfacher. Wir kaufen nichts an und wir wenden traditionelle Handwerksmethoden an. Alles wird frei gedreht, Kacheln für einen Ofen werden in Gipsformen gedrückt. Außerdem setzen wir zu 100 Prozent auf Ökostrom.

06

Wie sieht ein typischer Alltag in der Töpferei bei euch aus? Man stellt es sich auch etwas romantisch vor.

Also im Sommer gehe ich morgens erstmal im See schwimmen. Das ist mein Ritual. Zwischen halb neun und neun bin ich in der Werkstatt – da ist mein Vater dann schon längst da. Einer geht meistens an die Drehscheibe oder dreht ab, was am Vortag angefangen wurde. Die andere Person startet entweder mit Kacheln oder glasiert beispielsweise. Den Ofen machen wir zweimal in der Woche an, das ist eine Wissenschaft für sich, innen alles effizient zu platzieren. Um circa halb eins machen wir Mittagspause und um fünf oder halb sechs sperren wir dann zu. Dann springe ich sofort wieder in den See. Grundsätzlich ist es schon ein fordernder Job, weil wir auch am Wochenende arbeiten. Ich würde mir wie gesagt etwas mehr Work-Life-Balance wünschen. Da haben es meine Freunde in ihren Bürojobs oft einfacher. Aber ich lebe und arbeite dafür an einem tollen, idyllischen Ort.

07

Das ist wirklich etwas Besonderes. Inwiefern wirkt sich diese wunderschöne Umgebung auch auf eure Arbeit aus?

Ja, die Farben der Natur spiegeln sich auch in unserer Keramik wider. Wenn ich die grüne Farbe an der Tasse betrachte, dann sehe ich den Chiemsee. Oder all die Blautöne – darin sehe ich die Berge.

Wenn ein Tag mal besonders turbulent ist, schaue ich gern zwischenzeitlich auf den See, das macht mich sofort entspannter. Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit, um in die Berge zu gehen. Aber das kommt auch noch – ab Herbst wird es wieder etwas ruhiger.

Liebe Sophia, vielen Dank für die Einladung und das interessante Gespräch! Wir wünschen dir und deiner Familie weiterhin alles Gute.

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