Menschen

Kunst an der Ostsee: Zu Besuch bei Enke Cäcilie Jansson

Wenn ich Enke Cäcilie Jansson in Ratekau besuche, hängt dort meist schon die Prominenz ab: Mick Jagger mit Rolling Stone-Buddy Keith Richards, Karl Lagerfeld, wie immer recht zugeknöpft und Helmut Schmidt gönnt sich eine Menthol-Zigarette.

von Natascha Fouquet27.5.2024
Natascha interessiert, was Menschen bewegt. Das Unterwegssein bedeutet für sie: die Perspektive zu wechseln und niemals aufhören zu lernen.

Zu ihnen allen pflegt sie ein recht intimes Verhältnis – zumindest in ihrer Funktion als Künstlerin.

Die Faszination für Gesichter habe Enke schon während ihres Grafikdesign-Studiums entdeckt, sagt sie. Als sie „ganz artig und nach allen Regeln der Kunst“ das Porträtieren und das genaue Hinschauen lernte, erhielt sie ihr Handwerkszeug, um später vom klassischen Realismus zu ihrem eigenen expressiven Stil und vom kleinen ins große Format zu finden. Ihre Malerei müsse „Wumms“ haben, findet sie. Geht es nach ihr, darf die Drei-Meter-Marke gerne gesprengt werden. Aus Größe und expressiver Farbgebung ergibt sich dann der typisch Janssonsche Knalleffekt. Bevor sie sich der freien Kunst und dem Porträtieren verschrieb, malte sie für Bühnen und für die Kultur, designte für Werbeagenturen.

„Ich mag Gesichter, die es mir nicht so leicht machen.“

Gemalt wird, wer ihr Interesse weckt, oft sind es Persönlichkeiten aus dem Musik- und Showbiz. Auf ihre Motive stößt sie in den Archiven einer Agentur für Pressefotografie, wo sie vor allem nach den unbekannten Schnappschüssen gräbt: Helmut Schmidt beim Rasenmähen, Günter Grass beim Arbeiten an einer Skulptur ... Wer es auf ihre Leinwand schafft, wird zunächst mit künstlerischem Auge seziert. „Ein Gesicht breitet sich vor mir aus wie eine Landkarte. Licht- und Schattenbereiche, Linien, Erhebungen und Vertiefungen erwandere ich visuell. Während der Umsetzung kristallisiert sich dann nach und nach das Charakteristische heraus," erklärt sie.

„Die kürzlich verstorbene Iris Apfel zum Beispiel, die finde ich stark.“ Mit jugendlichen 79 Jahren wurde Apfel zur Modeikone. Ihr Markenzeichen: die extravaganten Brillen. „Fasziniert mich eine Person, tauche ich ein in ihre Identität. Manche widersetzen sich meinem Pinsel zunächst, wollen sich mir nicht erschließen. Dann wird es für mich erst richtig interessant, es fühlt sich an wie ein Werben um die Gunst der jeweiligen Person“, verrät die Künstlerin. So sei es ihr mit der britischen Modedesignerin Vivienne Westwood ergangen, ebenso mit Helmut Schmidt, „auch so ein starker, eigenwilliger Charakter, der sich erst widersetzte, bevor ich den Zugang fand." Und: „Jedes Gesicht ist schön. Während ich male, verliebe ich mich grundsätzlich.“

„Fasziniert mich eine Person, tauche ich ein in ihre Identität. Manche widersetzen sich meinem Pinsel zunächst, wollen sich mir nicht erschließen. Dann wird es für mich erst richtig interessant, es fühlt sich an wie ein Werben um die Gunst der jeweiligen Person.“
„In meinen frühen Porträts ging es darum, Farben möglichst effektvoll aufeinanderprallen zu lassen.“Foto: Enke Cäcilie Jansson
„Interessant wird es, wenn sich mir ein Gesicht nicht gleich erschließt.“ Helmut Schmidt porträtierte sie unzählige Male.Foto: Enke Cäcilie Jansson

Werke von Enke Cäcilie Jansson

Wer an der Ostseeküste in Travemünde unterwegs ist, findet Kunstwerke von Enke Cäcilie Jansson in der Galerie dieKUNSTWERKerin“. In Braunschweig wird Enke von der Galerie Jaeschke vertreten und auf Norderney können wir Werke von ihr in der Weissen Düne bestaunen.

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Enke Cäcilie Jansson ist Künstlerin durch und durch und sie ist eine Meisterin der Farbexplosion. „In meinen frühen Porträts ging es mir darum, Farben möglichst reißerisch aufeinanderprallen zu lassen“, lacht sie. In dieser Hinsicht sei sie in den letzten zehn Jahren wesentlich ruhiger geworden. „Es geht mir nicht mehr darum, dem Aufmerksamkeit erregenden Effekt hinterherzulaufen, sondern mich von der Demut gegenüber dem Menschen und ihrem Gesicht leiten zu lassen.“ Ihre Farbgebung ist heute viel konzentrierter, souveräner, harmonischer. Sie schafft weichere Übergänge, vermeidet allzu harte Kontraste. Diese Entwicklung beeinflusste auch den Farbauftrag: Brachte sie früher Acrylfarbe mit kräftigem Pinselstrich, per Spachtel oder Fingern pastos auf die Leinwand auf, ist der Stil heute plakativer, weniger objekthaft.

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Von Ratekau nach Malawi

Kunst kann mehr als Auge und Herz berühren. Kunst kann helfen, und zwar dort, wo es um das Lebensnotwendige geht! Sich für Benachteiligte in Deutschland einzusetzen, gehört für Enke Cäcilie seit Jahrzehnten dazu. 2022 hatte sie Gelegenheit, ein Projekt zu begleiten, das in den ärmsten Regionen Malawis den Bau von Schulen und Heimen für taubstumme Kinder und Jugendliche unterstützt. Mehrmals im Jahr ist sie vor Ort, um u. a. das Team der ehrenamtlichen Ärzte und Ärztinnen von Interplast Germany e. V. zu begleiten.

Um selbst einen Beitrag leisten zu können, gründete sie 2023 die Marietta Cäcilie Stiftung Hamburg Malawi und illustrierte das von der ehemaligen ZDF-Redakteurin Marietta Westphal geschriebene Kinderbuch „Der Traumbaum“. Der Erlös aus dem Verkauf fließt zu 100 % nach Malawi. Sie rührt die Werbetrommel, schreibt Spendenanträge und kümmert sich darum, dass auch das nächste Projekt finanziert werden kann: Ein Hostel für 120 Mädchen, die die Secondary School besuchen; ein sinnvolles Projekt um Bildung zu ermöglichen, denn die meisten von ihnen haben einen mehrstündigen Schulweg. „Aus meinem Leben in Deutschland herauszutreten und den Blick dafür zu schärfen, was wirklich zählt, ist kostbar. Nicht das flüchtige Glück des Konsums trägt uns, sondern das Miteinander, die Tatsache, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Diese Erfahrung lässt mich anders auf mein Leben in Deutschland blicken.“

Am liebsten großformatig: Ihre Kunst müsse „Wumms“ haben, findet Enke Cäcilie Jansson.Foto: Natascha Fouquet

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