Small Living – wohnen im Tiny House: 7 Fragen an Sandra und Michael

Sandra: Wir haben in Portugal vor Jahren einmal Urlaub gemacht und es hat uns damals direkt total gut gefallen. Die nächsten Urlaube gingen dann auch immer wieder hierher. Daraufhin hatten wir die Idee, dort ein Grundstück zu kaufen. Das Tiny House ist aber bereits unser zweites Zuhause in Portugal. Beim ersten Mal haben wir uns ein Holzhaus gebaut, damals aber noch größer, weil wir noch zu viert waren. Beim zweiten Mal Auswandern wollten wir den Wohnraum dann wirklich klein halten und damit auch die laufenden Kosten und die Instandhaltung.

Michael: Wir haben schnell gemerkt, dass die 100 Quadratmeter Holzhaus beim ersten Mal zu viel waren für uns. Wir bewegen uns hier in Portugal auch größtenteils draußen und dachten uns, wir könnten es vom Wohnraum her ruhig noch kleiner versuchen. Ein weiterer Grund für den Umzug nach Portugal war der, dass es uns in Deutschland immer zu wenig Natur war und wir in unserem Garten auch Pflanzen anbauen wollten, die das ganze Jahr über wachsen. Das Klima hier ist einfach super und man kann den Winter über einfach auch viel mehr Zeit draußen verbringen.

Sandra: Vom Grundstückskauf bis zur Auswanderung und zum Beginn des Tiny Houses verging circa ein halbes Jahr. Die eigentliche Planung des Tiny Houses war ein sehr simples Unterfangen und in einer Woche fertig.

Michael: Der Rohbau mit den Holzständern stand innerhalb von zehn Tagen. Danach kamen die Außenwände, das Dach, die Dämmung, die Innenwände und der Fußboden – das hat etwa einen Monat gedauert. Danach war das Haus Einzugsbereit. Wenn das Material da ist, was bei uns glücklicherweise der Fall war, geht das eigentlich recht flott.

Sandra: Wir haben circa ein Jahr lang zu dritt auf unseren 25 Quadratmetern gewohnt. Jetzt hatten wir irgendwie wieder Lust etwas zu bauen und daher hat unsere Tochter nun ihr eigenes, kleines 10 Quadratmeter Häuschen bekommen. Sie fand die Idee ziemlich cool und auch einigen Herausforderungen, die wir zuvor hatten, konnten wir so entgegenwirken. Als wir noch zu dritt im Haupthaus gewohnt haben, konnte ich beispielsweise nicht einfach den Haushalt machen, während unsere Tochter ihren Onlineunterricht hatte. Bevor sie ihr Häuschen hatte, war es manchmal auch mit Besuch etwas schwierig. Wenn Kinder da waren, konnte ich natürlich auch nicht in Ruhe arbeiten. Da ist es schon ganz gut, dass sie jetzt ihr eigenes Reich hat. Sie schläft nachts aber immer noch bei uns im Haupthaus und hat in ihrem Haus auch keine Küche und als Badezimmer lediglich ein Waschbecken.

Sandra: Als wir nur das 25 Quadratmeter Haupthaus hatten, hatten wir ein Bett mit Bettkasten. Am Anfang war es auch völlig in Ordnung, dass wir da unsere Kleidung verstaut hatten. Mit der Zeit war das aber echt anstrengend, weil das Bett zugleich auch unser Sofa war. Und wenn man es sich dann abends mal auf gemütlich gemacht hat und dann draufkam, dass man noch etwas zum Anziehen aus dem Bettkasten braucht, dann musste man wieder alles abräumen. Klar, man hat in einem Tiny House weniger Fläche zum Sauberhalten, aber manche Dinge werden für verschiedene Zwecke genutzt und man muss sich daher viel organisieren und auch ganz genau überlegen, was man sich kauft. Denn natürlich muss man erstmal immer Platz dafür finden. Das ist definitiv herausfordernd.

Michael: Die größte Herausforderung für mich ist die Eigenverantwortung, wenn man Eigentümer und vor allem Erbauer eines solchen Hauses ist. Wohnt man wo zur Miete, dann ruft man schnell mal bei der Hausverwaltung an, wenn etwas kaputt geht. Das läuft hier natürlich anders. Wenn ein Rohr in die Brüche geht, müssen wir uns darum kümmern. Auch die Energieversorgung liegt beispielsweise in unserer Verantwortung. Da muss man beim Bau schon auch schauen, dass alles pflegeleicht ist.

Sandra: Der Mensch mag leere Flächen und Räume im Normalfall nicht so wirklich und stellt sich daher gerne mal einen großen Fernseher in den Raum oder füllt den riesigen Kleiderschrank mit Klamotten, damit er nicht halbleer bleibt. Der Unterschied zu unserer damaligen Wohnung in Deutschland, ist, dass man hier gar nicht erst so viel Platz zum Befüllen hat. Unser Besitz und auch unser Konsum sind mit dem Tiny House daher weniger geworden. Man muss sich schließlich genau überlegen, was man kauft, weil der Platz einfach begrenzt ist. Ich bin natürlich nach wie vor häuslich und dekoriere auch richtig gerne, aber im Tiny House verstelle ich einfach öfter mal Dinge und arrangiere sie anders, anstatt neue zu kaufen.

Michael: Das Tiny House ist zwar klein, unser Garten dafür groß. Unser Konsum hat sich sozusagen verschoben und unser Geld fließt jetzt in die Natur und in die Pflanzen. Man merkt aber natürlich auch mit der Zeit, dass man schlichtweg weniger braucht. Das geht dann Hand in Hand damit, dass man automatisch weniger kauft.

Michael: Wenn man diesen Wunsch hat, würde ich sagen: zuerst ausprobieren. Wenn die Möglichkeit besteht, entweder Urlaub im Tiny House zu machen oder mal für ein paar Wochen in eines einzuziehen – auf Probe sozusagen.

Sandra: Oder halt einfach machen. Wenn man ein Tiny House kauft oder baut, das beweglich ist, kann man das auch gut wieder verkaufen oder woanders hinstellen. Das ist aber auch Typsache. Wir sind die Art Menschen, die vorher nicht ausprobieren, sondern die einfach machen und dann aus der Erfahrung lernen. Das Gute an so einem Tiny House ist ja, dass man – sollte es einem wirklich zu eng werden – viel einfacher etwas erweitern kann als bei einem „normalen“ Haus.

Sandra: Ich könnte mir vorstellen, dass unser Tiny House später mal unsere Base ist, von der aus wir dann reisen können. Eine Base, die schön ist und die man im Alter gut bewerkstelligen kann. Wir bauen gerne und wenn wir jetzt ein großes Haus hätten, würden da natürlich viel mehr Kosten und auch Arbeit anfallen. Wenn ich im Tiny House etwas erneuern möchte, sei es der Fußboden oder die Fassade, dann ist das auch auf lange Sicht viel günstiger und einfacher. Also ja, das hat auf jeden Fall Zukunftspotenzial.